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Neulich auf der Frühlingswiese …

Zufrieden streckte der Löwenzahn auf der Wiese seine Blüte in die Sonne. „Wunderbar, dass ich hier meine Wurzeln gefunden habe. Dies ist ein herrliches Fleckchen Erde, nicht wahr, meine Liebe?“
„Ja, lieber Löwenzahn,“ antwortete das Wiesenschaumkraut, „das kann man wohl sagen, aber mit den Wurzeln ist das so eine Sache.“
„Ich verstehe nicht, was Sie meinen. Ohne Wurzeln können wir Pflanzen doch nicht leben.“
„Das ist ja das Problem. Wir sind fest angewachsen und haben keine Chance, uns vom Fleck zu bewegen. Eine Freundin von mir könnte noch unter uns weilen, hätte sie statt der Wurzeln Beine gehabt.“
Der Himmel verdunkelte sich. Der Löwenzahn und das Wiesenschaumkraut erschraken. Was war passiert? Gerade noch hatte ihnen die Sonne ihre herrlich warmen Strahlen geschenkt. Sollte wieder ein Wolkentag sein? Die beiden hoben ihre Blütenköpfe gen Himmel. Doch der war nicht zu sehen. Es war Alma, die schwarzbunte Kuh des Bauern, die über ihnen stand und den Sonnenstrahlen den Weg versperrte.
„Hey du!“, rief der Löwenzahn, „geh mal einen Schritt zu Seite, du nimmst uns das Licht weg.“
Alma bewegte sich nicht von der Stelle. Sie neigte ihren Kopf und naschte laut schmatzend von dem frischen Gras.
„Hey du, hast du nicht gehört? Du sollst sofort zur Seite gehen“, protestierte der Löwenzahn, nun noch etwas lauter.“
Das Wiesenschaumkraut aber hatte jegliche Farbe verloren. „Psst, Löwenzahn! Sind Sie verrückt? Gleich tritt sie zur Seite und stampft uns in den Boden. Oder noch schlimmer: Sie frisst uns auf. Machen Sie doch nicht so einen Lärm!“
Im gleichen Moment setzte sich die Kuh Alma in Bewegung. Ihr linker Hinterfuß trat gefährlich nah neben dem Wiesenschaumkraut auf dem Boden auf. Das fühlte sich an wie ein Erdbeben, und das Wiesenschaumkraut heulte vor Angst laut auf.
Doch die beiden Pflanzen hatten Glück. Alma zog in die andere Richtung weiter. Als sie aber ein paar Meter entfernt wieder anhielt, schrie der Löwenzahn: „Eine Unverschämtheit ist´s, arglose Wiesenblumen so zu erschrecken.“
Alma blickte sich um. Hatte da jemand mit ihr gesprochen? Seltsam. Sie stand kuhseelenallein auf der Weide. Hmm. Gelangweilt kaute sie weiter.
„Das ist aber gerade noch einmal gut gegangen,“ wisperte das Wiesenschaumkraut.
„Du bist aber ängstlich.“ Der Löwenzahn plusterte sich auf und sah das Wiesenschaumkraut verächtlich an. „Feigling!“, fügte er hinzu.
In diesem Augenblick kam Peter, der Sohn des Bauern, um Alma zum Melken nach Hause zu holen. Er erblickte das Wiesenschaumkraut und bückte sich, um es abzupflücken. „Dich werde ich mitnehmen. Meine Mama mag deine schönen weißen Blüten sehr.“
„Und ich? Hey, was ist mit mir?“, kreischte der Löwenzahn empört.
Aber Peter war schon weitergegangen. „Alma komm, es ist Zeit …“

© Regina Meier zu Verl