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Regina belauscht den Osterhasen

Zufällig wurde ich Zeugin eines Gesprächs, dass heute, am Samstag vor Ostern in unserem Garten stattfand. Entgegen meiner Gewohnheiten war ich schon sehr früh wach geworden. Es mag daran gelegen haben, dass ich früh im Bett war und sofort eingeschlafen bin. Egal, jedenfalls stand ich am Wohnzimmerfenster und beobachtete den Sonnenaufgang. Im Haus war es noch ganz still und auch auf der Straße war noch niemand unterwegs.
Da, was war das? Hatte ich nicht gerade eine leise Stimme gehört? Ich lauschte und hörte tatsächlich eine Stimme. Einbrecher? Das war mein erster Gedanke, den ich aber gleich wieder verwarf. Die Stimme klang eher kindlich. Ich lauschte also weiter, musste mich aber mächtig anstrengen, um überhaupt ein Wort verstehen zu können.
„Das wäre wirklich nicht gerecht!“, sagte die Stimme. „Wir müssen doch zusammenhalten, wir Frauen!“
Aha, es war also eine Sie. Aber was bedeutete das? Ich hatte mich doch gar nicht beklagt, oder meinte sie mich gar nicht? Schließlich leben hier noch zwei weitere Frauen im Haus, eine Große und eine Kleine.
„Die Kleine bekommt ein Ei, die Großen nicht, Punkt!“, sagte eine andere, etwas lautere Stimme.
„Aber die eine von den Großen, die Mutter, ist Tag und Nacht für die Kleine da und nebenbei arbeitet sie noch im Homeoffice und nie trifft sie sich mit anderen Leuten, das ist auf Dauer auch anstrengend und ein wenig Abwechslung täte ihr mal gut, oder?“, sagte nun die erste Stimme wieder.
„Ja, gut! Und die Alte?“, fragte nun wieder die andere Stimme.
„Alte?“, kreischte nun die Erste. „Du bist wohl nicht ganz gescheit, die ist doch nicht alt und außerdem schreibt sie Kindergeschichten und wir Hasen kommen dabei ganz gut weg, das kannst du mir glauben!“

Ich musste lachen, riss mich aber zusammen, weil ich die Beiden nicht erschrecken wollte.
Dass ich das in meinem Alter noch erleben durfte, das machte mich dankbar. Ich hatte es hier wohl mit zwei Osterhasengehilfen zu tun, oder gar dem Osterhasen selbst?
Im Garten war ich noch nicht, es ist ja erst morgen Ostern. Aber dann werde ich berichten, was wir gefunden haben, die Kleine, die Mutter und die Alte, also ich.

© Regina Meier zu Verl

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