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Lilli, Opa und die bunte Box

„Hausaufgaben!“, stöhnte Lilli. „Wenn ich dieses Wort schon höre!“ Das Mädchen ärgerte sich einfach darüber, dass es nicht in die Schule gehen konnte und alles nur noch „Hausaufgaben“ waren. Homeoffice klang vielleicht interessanter, war aber auch nicht besser und Homeschooling nervte sowieso ohne Ende.
Überhaupt, nichts mehr war richtig schön. So lange hatte sie schon ihre Freunde nicht mehr besuchen dürfen. Den ganzen Tag verbrachte sie zu Hause, die Mama war viel öfter nervös und ihr Bruder fiel ihr gehörig auf den Wecker. Sie durfte nicht in die Stadt fahren, nicht zum Handballtraining, auch Chorproben gab es nicht momentan. Was für ein ödes Leben!
Wenn Lilli darüber nachdachte, dass Oma und Opa ganz allein in ihrer Wohnung waren und keinen Besuch empfangen durften, dann tat ihr das Herz richtig weh. Aber es ging nicht anders, die Großeltern waren alt und das Virus war für sie lebensgefährlich. Lilli wusste das und sie wollte sie nicht gefährden. Trotzdem sehnte sie sich nach den Stunden mit Oma und Opa und sie vermisste Opas Geschichten so sehr.
Und dann kam eines Tages ein Päckchen für Lili und darin war ein mit Stoff bespannter Würfel und einige lustige Figuren: ein grüner Gitarrist, eine beerenfarbige Elfe und ein buntes Einhorn. Ein Brief lag dabei, in dem Opa den Eltern erklärte, er habe einen Kassettenrekorder kaufen wollen, aber der sei nicht mehr „in“. Heute habe man solchen Boxen für die Kinder und wie sie mit der Box umgehen mussten, erklärte er mit einer Zeichnung. „Typisch Vater!“, schmunzelte Papa. Schon nach kurzer Zeit hatten alle verstanden, wie man die Box bediente und welche tollen Möglichkeiten sie bot. Man stellte eine der Figuren auf die Box, schaltete sie ein und dann erklang Opas Stimme, die eine Geschichte erzählte. Und es war nicht nur eine Geschichte, sondern viele! Drei Figuren hatte Opa mit seinen eigenen Geschichten bespielt und wie sie Opa kannten, würde es bei den dreien nicht bleiben. Außerdem gab es Kinderhörspiele in Hülle und Fülle, die man dazu kaufen konnte, Märchen, Schlaflieder, Pferdegeschichten und und und.
Lilli war selig und hüpfte vor Freude in die Luft. Eigentlich hatte sie immer gedacht, sie sei viel zu alt für eine solche Box. Das stimmte aber nicht, denn nun würde sie jeden Tag eine Geschichte von Opa hören können, auch wenn er nicht bei ihr war. Und nicht nur sie allein, auch ihre Freundinnen Angi und Mara konnten sich bei ihren täglichen Videotreffs über Opas Geschichte freuen.
„Ich muss jetzt unbedingt Opa anrufen!“, rief Lilli und stürmte zum Telefon. Sie wählte Opas Nummer und hatte ihn auch gleich am Apparat.
„Opa, du bist der aller-allerbeste Opa der ganzen Welt!“, rief sie und genauso meinte sie es auch.

© Regina Meier zu Verl

Hier lese ich euch die Geschichte vor: 

Lilli, Opa und die bunte Box
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