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Als der Frühling kam

„Frühling! Wo bist du?“
Laut drang der Ruf über den Marktplatz des kleinen Städtchens.
Die Leute, die es eigentlich alle sehr eilig hatten, blieben stehen. Sie blickten zur Mitte des Platzes hinüber.
Ein kleiner Junge stand da, hielt die Hände wie einem Trichter vor seinen Mund und rief:
„Frühling! Hallo! Wo bist du?“
„So etwas aber auch!“, murmelte ein Mann. Er hielt inne, schaltete sein Handy aus und sah zu dem Jungen hinüber. Die Frau mit den Einkaufstüten hinter ihm tat es ihm nach. Immer mehr Passanten machten Halt und auch an Fenstern der Häuser rund um den Marktplatz standen Leute. Alle starrten sie wie gebannt auf den Jungen.
„Frühling! Hallo! Wo bist du?“
Der Junge war fremd in der Stadt, und doch glaubten alle, ihn von irgendwoher zu kennen. Wie verzaubert sahen sie ihn an. Lieb sah er aus mit dem lindgrünen Hemd, der veilchenblauen Latzhose, den langen, sonnenhellen Locken und dem Kirschblütenzweig unterm Arm.
„Wenn man es nicht besser wüsste, könnte man meinen, der Knabe sei der Frühling persönlich“, meinte eine Frau.
„Das habe ich eben auch gedacht“, stimmte ein Mann zu.
Die anderen Leute nickten. Sie alle mussten auf einmal an den Frühling denken.
„Frühling! Hallo! Wo bist du?“, rief der Junge noch einmal.
„Hier!“, antwortete ein kleines Mädchen, das im Kindergarten gerade ein altes Frühlingslied gelernt hatte. „Du bist doch hier, Frühling!“
Und es fing an, ein Frühlingslied zu singen:
„Es tönen die Lieder, der Frühling kehrt wieder, es spielet der Hirte auf seiner Schalmei. La lalalalalalal lala la lalalalalalaaa…“
In diesem Augenblick streichelte ein süßer, warmer Wind die Gesichter der Leute und die Sonne ließ ein paar Strahlen durch eine Wolkenlücke auf den Marktplatz blinzeln. Es schien, als sei der Frühling in die Stadt gekommen.
Ein Lächeln stahl sich in die Gesichter der Menschen, und einige summten die Melodie des gerade wieder entdeckten Frühlingsliedes mit:
„Es tönen die Lieder, der Frühling kehrt wieder, es spielet der Hirte auf seiner Schalmei. La lalalalalalal lala la lalalalalalaaa…“
Heller war es ringsum geworden, fröhlicher und wärmer, und das fühlte sich gut an. Dankbar sahen die Leute wieder zur Platzmitte hinüber, doch der fremde kleine Junge war verschwunden.

© Elke Bräunling

 

Frühling, wo bist du?, Bildquelle © Olichel/pixabay

 


In einer längeren Fassung findet ihr diese Geschichte hier im Blog: Ein wundersamer Frühlingstag
und hier im Buch: Geschichten vom FRÜHLING

 

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